Johannes Klaus: "Reisedepeschen" – Geschichten von unterwegs

Ich wollte einfach mehr von der Welt sehen.
— Johannes Klaus

Johannes Klaus ist ein Reisender aus Leidenschaft. Er liebt es, in der Welt unterwegs zu sein und über seine Erlebnisse zu schreiben. Mit Reisedepeschen hat er eines der renommiertesten Online-Magazine im deutschsprachigen Raum für erzählende Reiseliteratur gegründet. Sein neuestes Projekt ist der Reisedepeschen Verlag. Das Ziel: leidenschaftlich schöne Reisebücher.

Das Fernweh war schon seit frühester Kindheit ein treuer Begleiter von Johannes. Richtig laut meldete es sich zu Wort, als er nach dem Studium schon mehrere Jahre als Grafikdesigner in einer Werbeagentur gearbeitet hatte. Irgendwann waren ihm die vier Wochen Jahresurlaub nicht genug. „Ich wollte einfach mehr von der Welt sehen“, sagt Johannes. Frei sein. Das tun, wonach einem der Sinn steht. Die Welt entdecken. Das wollte er erleben. Also kündigte er seinen Job in einer Werbeagentur, um auf Weltreise zu gehen.

Insgesamt 14 Monate war er unterwegs. Seitdem ist das Reisen nicht mehr nur ein Hobby, sondern auch ein Beruf. Das Reisen hat für ihn immer auch eine wichtige Rolle für die Persönlichkeitsentwicklung gespielt: „Ich war lange relativ schüchtern. Beim Reisen, vor allem, wenn ich alleine unterwegs war, musste ich mich überwinden, um Kontakt zu anderen Menschen zu bekommen. Das hat mir sehr gutgetan.“

„Reisedepeschen“

Mit Beginn der Reise gründete er einen Blog. Gedacht war „Reisedepesche.de“ ursprünglich als persönliches Projekt: „Ich bin jemand, der gerne etwas erschafft. Einfach nur ein Jahr rumzureisen, das wäre nicht mein Ding gewesen. Hinzu kommt, dass ich ein enorm schlechtes Gedächtnis haben. Ich muss Sachen aufschreiben oder fotografieren, um sie nicht schnell wieder zu vergessen.“

Aus einer ganz persönlichen Gedankenstütze wurde schnell ein populärer Reiseblog mit einer breiten Leserschaft. 2011 erhielt er dafür den „Grimme Online Award“. Eine unerwartete Auszeichnung, die Johannes darin bestärkte, das Projekt weiterzuentwickeln: „Ich habe gemerkt, dass es Leute gibt, die sich dafür interessieren, was ich denke und nicht nur an meinen Tipps interessiert sind.“ Wieder zu Hause wurde aus „Reisedepesche“ die „Reisedepeschen“. Johannes: „Ich habe gemerkt, dass es viele tolle Reiseblogs gibt, die sich darauf spezialisieren, spannende Geschichten zu erzählen. Viele hatten es aber sehr schwer, Leser zu finden, weil die Inhalte selten über Google gefunden werden. Gleichzeitig hatte ich durch den Preis eine hohe Aufmerksamkeit erlangt. So habe ich beides vereint. Ich konnte eine Plattform mit Reichweite bieten und habe gleichzeitig viele gute Autoren versammelt.“

„The Travel Episodes“

Wie kam es zu der Gründung einer zweiten Online-Plattform übers Reisen?

„Die ‚New York Times‘ hatte damals als eine der ersten Zeitungen angefangen, multimediale Reportagen ins Internet zu stellen. Das Format hat mich auf Anhieb fasziniert. Für Reisereportagen ist es ideal, wenn man Stimmungen über unterschiedliche Elemente aus Text, Video, Grafik und Ton transportieren kann.“

Was zeichnet gute Reiseliteratur für dich aus?

„Gute Reiseliteratur vermittelt mir als Leser ein Gefühl dafür, wie es an dem Ort ist, über den geschrieben wird. Das hat mir früher oft in den Reiseteilen von Zeitungen gefehlt. Die Fakten interessieren mich nicht besonders. Ich möchte wissen, wie ich mich an einem Ort oder in einer Situation fühlen würde. Das zieht mich am stärksten rein in eine Geschichte. Deshalb finde ich die persönliche Erzählebene, die man häufig in Reisblogs findet, sehr geeignet.“

Leseempfehlungen

  • Helge Timmerberg: „Die Straßen der Lebenden: Storys von unterwegs“

  • Andreas Altmann: „Gebrauchsanweisung für die Welt“

  • Gesa Neitzel: „Frühstück mit Elefanten: Als Rangerin in Afrika“

  • Markus Steiner: „Weltherz. Von einem, der auszog, die Freiheit zu suchen“

Wie bist du selbst zum Schreiben gekommen?

„Ich hatte im Deutschunterricht oft sehr schlechte Noten. Unter meinen Aufsätzen stand meistens: ‚Guter Ansatz, aber viel zu kurz.’ Ich konnte mich immer schon kurzfassen und Dinge prägnant auf den Punkt bringen. Aber längere Texte waren nicht meine Stärke. Das hat sich dann mit meinem Reiseblog geändert. Dadurch habe ich Spaß daran gefunden, mir neue Stilformen auszudenken. Mit der Theorie des Schreibens habe ich mich aber nie beschäftigt. Ich habe immer viel gelesen. Das hat unterbewusst meinen Stil sicherlich geprägt. Ich fange fast immer mit einer Überschrift an. Erst wenn ich die gefunden habe, fange ich an mit dem Text. Nach den ersten Sätzen ergibt sich dann Stück für Stück der Aufbau. Oft denke ich schon in einer Situation: ‚Das ist jetzt eine schöne Überschrift oder eine schöne Story.’ Einerseits nimmt das zwar ein bisschen die Offenheit für den Moment. Gleichzeitig erhöht es aber auch die Motivation, sich in Momente und Situationen zu begeben, man sonst vielleicht gemieden hätte.“

Bedeutung von Fotografie auf Reisen

„Die Fotografie hat immer eine große Rolle für mich gespielt – nicht nur auf Reisen. Aus der Motivation heraus, Situationen festzuhalten, die ich sonst vergessen würde. Die Herausforderung besteht auch darin, ein Foto aufzunehmen, das in seinem gesamten Aufbau stimmig ist. Sprich, dass man später in der Bildbearbeitung nur noch minimal eingreifen muss. Das gilt übrigens auch vorher für das Motiv. „Schön ist es, wenn man die imperfekte Schönheit im Imperfekten herausarbeiten kann.“ Ich bin ein großer Freund der Street Photography und mag ungestellte, authentische Situationen. Wie bei meinen Texten steht das Gefühl für einen Ort im Mittelpunkt. Ich finde es schöner, wenn man das ungeschönte Ganze zeigt. Besonders schön ist es, wenn man die imperfekte Schönheit im Imperfekten herausarbeiten kann. Ich benutze fast nur Festbrennweiten. Das hat den Vorteil, dass ich mein Sehen so darauf eingestellt habe, dass ich vor der Aufnahme gar nicht mehr viel über den Ausschnitt nachdenken muss.“

Johannes Klaus

Gute Reiseliteratur vermittelt mir als Leser ein Gefühl dafür, wie es an dem Ort ist, über den geschrieben wird. Das hat mir früher oft in den Reiseteilen von Zeitungen gefehlt. Die Fakten interessieren mich nicht besonders. Ich möchte wissen, wie ich mich an einem Ort oder in einer Situation fühlen würde.
— Johannes Klaus

Johannes Klaus hängte 2010 seinen Job als Grafikdesigner an den Nagel, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Zeitgleich gründete er die Webseite „Reisedepesche“, für die er 2011 den „Grimme Online Award“ erhielt. Er ist Reiseblogger, Familienvater, Grafikdesigner und Herausgeber von „Reisedepeschen“ und „The Travel Episodes“, zwei bekannten Blogplattformen für erzählende Reiseliteratur.

Bei Malik National Geographic veröffentlichte er als Herausgeber 2016 und 2017 drei Bände der Reihe „The Travel Episodes“:

  • „Geschichten von Fernweh und Freiheit“

  • „Neue Reisegeschichten von allen Enden der Welt“

  • „Neue Geschichten für Abenteurer, Glücksritter und Tagträumer“

2018 gründete er seinen eigenen Verlag. Ziel ist es, Bücher herauszugeben, die sowohl durch ihr Äußeres begeistern als auch Inhalte liefern, die nicht nur trockene Fakten aufzählen, sondern wie Tipps von guten Freunden wirken sollen. Mit anderen Autoren, Bloggern und Designern wollen Johannes Klaus und Marianna Hillmer persönliche Guides, inspirierende Lese-Bildbände, gedankenvolle Lesebücher entwerfen.

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