Pulitzer-Preis-Gewinner Kai Pfaffenbach: "Katastrophen brauchen Bilder"

Ich möchte das Paar Augen von den Menschen sein, die nicht in der gleichen Situation wie ich sein können.
— Kai Pfaffenbach

World Press Award und Pulitzer Preis: Kai Pfaffenbach ist der einzige deutsche Fotograf, der die beiden prestigeträchtigsten Auszeichnungen im Journalismus gewonnen hat. Im ersten Teil des Interviews sprechen wir über seine Anfänge auf lokaler Ebene, Fotografie in Zeiten von Corona sowie den Anfeindungen, denen er als Fotojournalist in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft ausgesetzt ist.

Kai Pfaffenbach: "Das Kleine kann ganz schnell groß werden"

Mit über drei Jahrzehnten Berufserfahrung hat Kai Pfaffenbach so ziemlich alles erlebt, was ein Fotojournalist erleben kann. Er hat über weltweite Krise wie im Irak oder Afghanistan berichtet. Er war bei sportlichen Großveranstaltungen wie Fußballweltmeisterschaften oder Olympischen Spielen dabei. Und er hat politische Meilensteine fotografiert.

Trotz aller Erfolge auf globaler Bühne ist er stets auf dem Boden geblieben. "Ich habe auch kein Problem damit, sonntags noch mal in die Kreisliga zu gehen", sagt er. Diese Einstellung wurde ihm schon früh von einem Mentor vermittelt. Kai Pfaffenbach erinnert sich an die Worte des AP-Fotografen Dieter Endlicher: "Du musst in jeden Termin wie in den Sonntagsmorgen-Gottesdienst gehen." Auch für Kai Pfaffenbach bedeutet die Corona-Zeit, dass er deutlich weniger reist als gewohnt. Er sagt: "Für mich ist das gerade so etwas wie eine fotografische Rückbesinnung." Die Pandemie sei eine Gelegenheit, "die man als Fotojournalist nutzen muss".

Der gebürtige Hanauer ist sich sicher: "So eine Geschichte werden wir in unserem Leben wahrscheinlich nie wieder zu fotografieren bekommen. Im Ausmaß ist die Covid-Pandemie das Größte, was wir global zu sehen bekommen. Die vielen Facetten zu dokumentieren, finde ich unglaublich spannend." Dabei spielt es keine Rolle, wo man sich gerade befindet. "Ich darf als Fotojournalist keinen Unterschied machen, ob ich was Kleines oder was Großes fotografiere. Gerade jetzt kann das Kleine auch ganz schnell groß werden."

Kai Pfaffenbach lehnt sich nicht zurück und ist sich für nichts zu schade sein: "Ich bin niemand, der vor Herausforderungen wegläuft. Im Gegenteil, mich spornt das eher an." Wie zum Beispiel aktuell wenn es darum geht, Zugang zu sensiblen Einrichtungen im Gesundheitsbereich zu bekommen, um dort die Lage und das Ausmaß der Corona-Krise zu dokumentieren. Doch nicht nur da stößt Kai Pfaffenbach auf eine abnehmende Akzeptanz seines Berufes. Das Verständnis für die Bedeutung von Medien schwindet. Das spürt er auch am immer rauer werdenden Klima auf politischen Demonstrationen – Aggressivität und Anfeindungen nehmen zu. Am Sinn seines Tuns lässt ihn das nicht zweifeln.

Die Leidenschaft, die Wirklichkeit in Bildern festzuhalten, ist ungebrochen. Über sein Selbstverständnis als Fotojournalist sagt Kai Pfaffenbach: "Katastrophen brauchen Bilder. Ich möchte das Paar Augen von den Menschen sein, die physisch oder logistisch nicht in der gleichen Situation wie ich sein können."

„Ich habe nie fotografiert, um Preise zu gewinnen.“ Kai Pfaffenbach

Kai Pfaffenbach gelingt es immer wieder, Momente der Zeitgeschichte so in einem Bild zu verdichten, dass sich die Motive in Gedächtnis einbrennen. In zweiten Teil des Interviews erzählt er die Geschichten hinten seinen bekanntesten Fotos, für die er den Pulitzer Preis und den World Press Award gewonnen hat. Außerdem sprechen wir über Berufsethos im Fotojournalismus und die Rolle von Reportern in einem zunehmend polarisierten gesellschaftlichen Diskurs.

Kai Pfaffenbach

Ich habe nie fotografiert, um Preise zu gewinnen.
— Kai Pfaffenbach

Dass er in den Journalismus gehen wollte, war Kai Pfaffenbach schon früh klar: „Ich glaube ich bin der Einzige aus meinem Jahrgang, wo der Berufswunsch aus der Abi-Zeitung in die Tat umgesetzt wurde.“ Allerdings hatte er sich anfangs eher als Radio- Reporter gesehen, ehe schließlich die Kamera zu seinem Werkzeug wurde. Begonnen hat er als freier Mitarbeiter bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". 1998 wechselte er zur Bildagentur Reuters, für die er bis heute als Staff-Photographer tätig ist. Aus dem Mann, der die Fotografie gerne als "professionelles Hobby bezeichnet, ist mittlerweile einer der weltweit am häufigsten ausgezeichneten Fotoreportern geworden.

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