Steffen Rothammel: "Das Gefühl ist der Auslöser"
Technisch perfekte Bilder gibt es genug. Sie zu machen ist kein Hexenwerk. Oft wirken sie aber auch klinisch und kalt. Wie also gelingen Bilder, die unter die Haut gehen? Darüber spreche ich in diesem Interview mit dem Fotografen Steffen Rothammel, Autor des Buches "Das Gefühl ist der Auslöser".
Was ist das Schlüssel zu ausdrucksstarken Bildern? Empathie und Intuition, sagt Steffen Rothammel. In seinem Buch "Das Gefühl ist der Auslöser" zeigt er, wie man seiner Fotografie mehr Tiefe und Seele verleiht.
Das Thema Technik ist schnell abgehakt.
Nur auf den ersten Seiten seines Buches "Das Gefühl ist der Auslöser"* geht Steffen Rothammel auf das Werkzeug des Fotografen – sprich die Kamera – ein. Er erklärt den Zusammenhang zwischen Blende, Belichtungszeit und ISO.
Letztlich betont er aber, dass die technische Beherrschung des Instruments vor allem wichtig ist, damit man das Wissen später in den Hintergrund rücken kann. Dazu passend zitiert er ein japanisches Sprichwort: "Wer schön schreiben kann, schreibt auch mit einem schlechten Pinsel schön."
Bilder "fühlen", statt "machen"
Der Schlüssel zu packenden Bildern liegt aber nicht in technischer Perfektion, sondern in den Gefühlen, die man in ihnen transportiert. Empathie und Intuition sind entscheidend, so Rothammel.
Was das konkret bedeutet, das erklärt der Münchener Fotograf anhand von zahlreichen Beispielen. Er taucht dafür tief in sein eigenes Archiv. Anhand von Momenten und Erlebnissen während seiner Reisen rund um den Globus führt er ebenso anschaulich wie unterhaltsam durch das Buch.
Es geht darum, wie man auf Reisen nicht nur als Tourist an der Oberfläche kratzt, sondern tief in fremde Kulturen eintaucht, um Land und Leute frei von Klischees und Vorurteilen wirklich kennenzulernen. Die Kamera und die Fotografie sind dabei wichtige Werkzeuge.
Fotografie als Form der Persönlichkeitsentwicklung
Die Kamera ist für Rothammel nicht nur ein Werkzeug, um Motive festzuhalten und Erinnerungen zu schaffen. Vielmehr sieht er in ihr auch ein Vehikel zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Um Menschen unterwegs im Alltagsleben fotografieren zu können, muss man Kontakt zu ihnen aufbauen. Mit den rüden Methoden eines Paparazzi kommt man nicht weit. Vielmehr geht es darum, so genannte "soft skills" zu entwickeln. Neben Einfühlungsvermögen zählen auch Kommunikation und Mut dazu.
Auf fremde Menschen zuzugehen, stellt für viele Hobbyfotografen eine große Hürde dar. Vor allem, wenn auch noch Sprachbarrieren hinzukommen. Die Fotografie kann dabei helfen, Ängsten und Schüchternheit zu überwinden.
Rothammel argumentiert, dass der kreative Prozess alle Sinne mit einbezieht. Fesselnde Fotografie setzt Erfahrung, Erlebnisse und Fantasie voraus. Vor jedem Drücken auf den Auflöser sollte man sich fragen: Was möchte ich mit dem Bild ausdrücken? Aus der Antwort auf die Frage leiten sich dann die Wahl der Mittel ab – zum Beispiel Brennweite, Kameraeinstellungen oder Bildausschnitt. Rothammel: "Die Umsetzung einer gelernten Technik in ein Artefakt bedarf einer Idee."
Mut zur eigenen Bildsprache
Mit seinem Ansatz steht Rothammel in der Tradition von Autoren wie David DuChemin ("Die Seele der Kamera"*) oder Ibarionex Perello ("Mein Foto: Mit Leidenschaft und Planung zum eigenen fotografischen Workflow"*), die sich ebenfalls mit der Seele der Fotografie beschäftigen. Er ermuntert dazu, ausgetretene Pfade zu verlassen und stattdessen der eigenen Stimme zu folgen. Nur so gelange man zu Bildern, die sich von der Masse abheben: "Nur wenn Sie Ihr Innerstes nach außen kehren, können Sie richtig gut sein. Denn dann verschwenden Sie keine Zeit an eine Maske."
Rothammel plädiert dafür, seinen eigenen Weg in der Fotografie zu finden und diesen konsequent zu verfolgen – auch wenn das bedeutet, gängige Regeln zu brechen: "Versuchen Sie von Anfang an, sich in Ihren Aufnahmen und in Ihrer Fotografie selbst zu suchen."
Das Buch gibt einen wunderbaren Blick in den Werkzeugkasten eines Fotografen. Die Stilmittel wie zum Beispiel Perspektiven, Licht, Farben, Geometrie, Textur oder Kontraste werden schlüssig erklärt. Je nach Situation hilft der geübte Umgang mit ihnen, die gewünschte Bildwirkung zu erzielen – "die Kunst, das zu nutzen, was Ihnen zu Verfügung steht, macht den Kern der Fotografie aus. Sehnen Sie sich nicht nach etwas, was gerade nicht da ist".
Garniert mit Zitaten von Meisterfotografen wie Henri Cartier-Bresson, Richard Avedon, Elliot Erwitt ist das Buch eine gelungene Einleitung, dafür wie man mit Gefühl bessere Bilder macht.
*Der dpunkt-Verlag war so freundlich und hat mir für die Erstellung dieses Beitrags ein Rezensionsexemplar des Buches zu überlassen.
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