Christoph Rehage: Zu Fuß durch China und weiter bis nach Deutschland

Ich finde es spannend, in eine Richtung zu laufen. Von hier bis zum Horizont. Und dann schaue ich, was es dort gibt.
— Christoph Rehage

Außer Fotograf, Filmemacher und Autor ist Christoph Rehage vor allem eins: Abenteurer. Zum Zeitpunkt des Interviews war er in Almaty, Kasachstan. Eine Zwischenstation auf seinem Fußmarsch durch Zentralasien in Richtung seiner Heimatstadt Bad Nenndorf. Und gleichzeitig die Fortsetzung eines Projekts, dass er 2007 mit der Durchquerung von China begonnen hatte. Der Grund: „Ich hatte mal wieder Lust, etwas zu erleben.“ Davon berichtet Christoph in dieser Podcast-Folge.

“Irgendwann muss man einfach ins Wasser springen – wie im Freibad im Frühling. Dann stehst du vor dem Becken und musst reinhüpfen.” Christoph Rehage

Geholfen, den Sprung zu wagen, hat ihm auch der Rat des Franzosen Philippe Valéry. Dieser war auf der Seidenstraße unterwegs gewesen und hat darüber ein Buch geschrieben, „Der verheißungsvolle Weg. Von Marseille nach Kaschgar“*. Christoph wendet sich in einem Brief an Valéry und erhält eine detaillierte Antwort auf seine Fragen. Ein Satz ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: „Du kannst dich zwei Jahre vorbereiten oder zwei Tage, aber irgendwann musst du doch den ersten Schritt machen.“

Den ersten Schritt macht Christoph am 9. November 2007. Genug der Planung, es ist Zeit, sich die Wanderschuhe anzuziehen: „Man braucht auch einen Schuss natürlicher Naivität, vielleicht sogar Idiotie, um das überhaupt zu machen. Wenn man sich damit aufhält, nur über Details nachzudenken, dann geht es nie los.“ Mit jedem Kilometer wächst der Bart. Die haarige Transformation auf den 4500 Kilometern von Peking nach Ürümqi dokumentiert Christoph in einem Video, das 2009 viral geht. Bis heute haben über 13 Millionen Menschen den Clip „The Longest Way“ auf Youtube gesehen. Unter dem gleichen Titel erscheint 2012 ein Buch.

Ab November ist Christoph mit seinem neuen Buch „Neuschweinstein“* auf Tour.

Diesmal hat er die Perspektive gewechselt und ist mit chinesischen Touristen durch Europa gereist. Herausgekommen ist ein spannender und humorvoller Mix daraus, was passiert, wenn Klischees auf die Wirklichkeit treffen. Man muss Herr seiner selbst bleiben und darf sich nicht unterjochen, sprich dafür zu leben, dass man irgendwelche Aufgaben erfüllt.

Christoph Rehage über Fotografie

„Ich habe ein zwiespältiges Verhältnis zur Fotografie auf Reisen. Das Herumschleppen der Ausrüstung ist schon sehr lästig. Ich wünschte, die Kameras wären kleiner. Außerdem verändern Kameras jeden Raum – so, als ob jemand eine Waffe zückt und alle wissen: Jetzt passiert etwas. Ich verändere Menschen allein dadurch, dass ich das Objektiv auf sie richte. Das finde ich unangenehm. Andereseits macht mir die Fotografie unheimlich viel Spaß. Die Kamera ist jemand, der auf meinem Hotelbett liegt und sagt: ‚Lass‘ uns rausgehen und irgendetwas fotografieren.‘

Häufig lerne ich dann Leute kennen oder sehe Dinge, weil ich fotografiere. Zum Beispiel wenn jemand in einem Hinterhof Wäsche aufhängt. Ohne die Kamera würde ich einfach hingehen und die Wäsche anschauen, bis sich die Leute irgendwann fragen, was ich da mache. Mit der Kamera macht es aber plötzlich Sinn. Ich fotografiere gerne Menschen. Im Durcheinander der Stadt tue ich mich schwer. Auf dem Land ist das anders. Wenn ich ein Porträt machen möchte, dann zücke ich nicht als erstes die Kamera. Ich unterhalte mich erst. Irgendwann kommt das Gespräch auf die Kamera und ich zeige sie der Person. Das braucht Zeit, ist ein Abtasten – und auch nicht jedes Fotos wird letztlich so, wie ich es mir vorgestellt habe. Bei der Komposition achte ich auf Sauberkeit und klare Linien, sprich aufgeräumte Motive. Solche Bilder schaue ich mir auch von anderen Fotografen gerne an.“

Christoph Rehage

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Begonnen hat Christophs Leidenschaft fürs Laufen im Anschluss an ein Auslandsjahr in Frankreich. Um die Rückkehr nach Deutschland hinauszuzögern, hat er sich einfach zu Fuß auf den Weg gemacht: 23 Tage mit 50 Euro in der Tasche und einem Rucksack voll mit Ravioli-Dosen auf dem Rücken. Dabei sagt er, dass er laufen an sich gar nicht so toll findet.

Wanderungen, die an einem Punkt beginnen und wieder enden, sind nicht seine Sache. Ihm geht es darum auf gerader Strecke, etwas zu erleben:

„Ich finde es spannend, in eine Richtung zu laufen. Von hier bis zum Horizont. Und dann schaue ich, was es dort gibt.“

Am liebsten ist Christoph alleine unterwegs. Ohne jemanden seiner Seite fühlt er sich „offener der Welt gegenüber“. War seine erste Tour zu Fuß von Paris nach Bad Nenndorf noch eine spontane Aktion, so hat er sich beim zweiten Mal intensiver vorbeitet. „Denn eigentlich bin ich ein eher ängstlicher Mensch und denke viel über Dinge nach, die schiefgehen könnten“, sagt Christoph, der in München Sinologie studiert hat, und erzählt, wie er die scheinbar verrückte Idee, zu Fuß von China nach Hause zu laufen, letztlich doch in die Tat umgesetzt hat:

„Irgendwann muss man einfach ins Wasser springen – wie im Freibad im Frühling. Dann stehst du vor dem Becken und musst reinhüpfen.“

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