Torsten Weigel: „Die spannendsten Dinge erschließen sich nicht immer über den leichtesten Weg"
Torsten Weigel liebt das Reisen. Der freie Autor und Fotograf hat bereits 42 Länder besucht. Die Anzahl der Stempel in seinem Pass interessiert ihn aber nicht. Er sagt: „Es geht aber nicht darum, wie viel man sieht, sondern was man daraus macht.“ Ein Gespräch über Mut und Risiko unterwegs.
Außerdem geht es in diesem Interview darum, welche Rolle die Fotografie auf Torstens Touren spielt.
Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Fragen:
Wie schafft man es, eine Reise bewusst nicht nur durch den Sucher der Kamera zu erleben?
Warum lohnt es sich lohnt, auf einige Bilder bewusst zu verzichten? Wieviel Psychologie steckt in der Fotografie? Wieviel kann man durch Fotografie über sich selbst lernen?
„Wie und was man fotografiert, verrät viel über den Menschen hinter der Kamera.“
Seit frühester Jugend zieht es Torsten in die Ferne. Der Drang nach neuen Erfahrungen fernab der gewohnten Wege lässt ihn nicht los: „Was mich antreibt ist der Wunsch, verschiedene Facetten unseres Planeten zu erleben und zu erfassen. Dafür bin ich bereit die Komfortzone zu verlassen und an meine Grenzen zu gehen. Denn die spannendsten Geschichten und beeindruckendsten Naturschauspiele erlebe ich oft in abgelegenen Regionen und fernab der täglichen Routine.“
„Die Natur ist ein hervorragender Lehrmeister – oft jedoch auch gnadenlos.“
Das Reisen ist für ihn eine Lebensschule. Die Lektionen musste er teils auf die harte Tour lernen. „Die spannendsten Dinge erschließen sich häufig nicht immer über den leichtesten Weg“, sagt Torsten: „Die Natur ist ein hervorragender Lehrmeister – oft jedoch auch gnadenlos. Wenn man Fehler in der Planung macht oder unbedarft an ein Abenteuer herangeht, bekommt das sehr direkt zu spüren. Daraus kann man viel lernen. Die Komfortzone zu verlassen ist selten angenehm, sonst würde sie ja auch nicht so heißen.“
Torsten erinnert sich noch genau an einem Moment, als ihn die Natur auf eine harte Probe stellte: „Nach dem Abitur war ich in den Anden unterwegs. Das war meine erste Erfahrung im Höhenbergsteigen. Ich bin sehr naiv und unbedarft an die Sache hergegangenen. Ich dachte, ein Schlafsack für fünf Grad plus reicht aus, wenn man in 6000 Metern Höhe unterwegs ist. Dort herrschten aber teils minus 20 Grad. Das war dann überhaupt nicht romantisch, sondern verdammt kalt. Ich habe mir sofort nach der Reise einen angemessenen Schlafsack gekauft und seitdem auch nie wieder im Gebirge gefroren. Das war eine Erfahrung der harten Sorte.“
„Man sollte sich genau überlegen, was man bereit ist zu riskieren.“
Heute kann Torsten über die Geschichte lachen. Es hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Er mahnt: „Jede Erfahrung muss man nicht macht. Ich bin mittlerweile sehr vorsichtig geworden und plane alles sehr akribisch. Einen Fehler habe ich bisher nie doppelt gemacht im Outdoor-Bereich. Unser Leben ist schon kurz genug. Daher sollte man sich genau überlegen, was man bereit ist zu riskieren. Ich würde nie unbedarft in etwas hineinstolpern, nur um zu schauen, wie es ausgeht.“
„Wer sehen kann, kann auch fotografieren. Sehen lernen kann allerdings dauern.“ Leica
In Sachen Fotografie ist Torsten Autodidakt. Die „fotografische Denkgeschwindigkeit“ sei für ihn anfangs die größte Hürde gewesen: „Es hat gedauert zu verstehen, welche Parameter, sprich ISO, Zeit und Blende, welche Auswirkungen haben. Das Gefühl dafür, welches Rädchen ich für die richtige Einstellung drehen muss, hat sich langsam entwickelt.“
„Ich bin eher der emotionale statt der technische Fotograf.“
Das Arbeiten am fotografischen dauert an: „Das ist ein Prozess, der nie abgeschlossen ist. Als Mensch verändert man sich ja auch über die Jahre und bekommt einen anderen Blick. Der Fotograf Torsten Weigel ist ein Mensch, der neugierig ist und versucht, sich in einen Ort und seine Menschen hineinzudenken. Ich bin eher der emotionale statt der technische Fotograf. Meine Fotos entstehen aus dem Bauch heraus. Mein Ansatz ist es, ein ehrliches Interesse gegenüber meinen Motiven zu haben. Ich drücke einfach nicht nur auf den Auslöser, sondern möchte eine Gegend und seine Menschen spüren.
Als Journalist bereite ich mich ebenfalls intensiv auf einen Ort vor und lese viel. Daraus ergibt sich ein Bauchgefühl, dass mir einen tieferen Zugang verschafft. Dieser Zugang führt letztlich auch dazu, dass ich mich für eine fotografische Perspektive entscheide. Viel läuft unterbewusst ab. Die bewussten Triebfedern sind aber echtes Interesse, Neugier und ein gewisser Anspruch.“
Torsten Weigel
Torsten Weigel wohnt in Berlin. Hauptberuflich ist er freier Journalist, Vortragsredner und Fotograf. Aktuell widmet er sich dem Projekt 7000. Dahinter steckt folgendes Ziel: Zwei Jahre. Drei Kontinente. Vier Gebirge. 30 Gipfel.
Er sagt: "Projekt 7000 wird eine abenteuerliche Reise, eine große Herausforderung für Mensch und Material. Gemeinsam wollen wir uns auf den Weg machen, um Berge zu besteigen, abgelegene Regionen zu erkunden und das Gespräch mit den Einheimischen zu suchen." Über seine Weltreise hat Torsten ein Buch geschrieben: „Abenteuer Südhalbkugel. Sechs Monate, sechs Länder, drei Kontinente“ (Piper/Malik)
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